Sonderproduktion bei Vetropack Slowakei

75 Tage blau

Bei der Herstellung von Flaschen sind flexible Produktionsverfahren gefragt. Schnelle und unkomplizierte Wechsel von Form und Farbe sind bei kleinen und mittleren Chargengrössen wichtig für eine wirtschaftliche Produktion. Wenn das bestellte Kontingent richtig gross ist, sieht die Sache anders aus. Das Vetropack-Werk in Nemšová hat demonstriert, wie es geht – und 75 Tage nur «blau gemacht».

Besondere Farben bekommt Glas bei der Produktion von Flaschen und anderen Glasverpackungen meistens erst im letzten Vorbereitungsschritt, bevor es geformt wird. Im sogenannten Feeder, der die Glasmasse aus der grossen Schmelzwanne noch einmal aufarbeitet, werden die farbgebenden Komponenten zudosiert und in die Masse eingearbeitet, bevor die Tropfen für die Glasmaschine portioniert werden. So kann die Farbe sehr schnell gewechselt werden, denn es wird ja immer nur ein sehr kleiner Teil der Masse eingefärbt. Ausserdem können aus einer Glaswanne mehrere Produktionslinien mit unterschiedlichen Glasfarben versorgt werden.

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Umfärbung einer Wanne

Blau ist für Verpackungsglas eine besondere Farbe, auf die sich Vetropack schon lange versteht. Zum Beispiel die kroatische Niederlassung in Hum na Sutli, die im Feeder-Verfahren schon seit mehr als zehn Jahren blaue Flaschen für verschiedene Kunden produziert. Die Aufgabe, vor die sich das Produktionswerk im slowakischen Nemšová 2019 gestellt sah, war um einiges ambitionierter. Es sollte die Produktion der blauen Flaschen in grossem Massstab übernehmen, im Rahmen einer Kampagne für verschiedene internationale Kunden aus der Region.

Tonnen von blauem Glas, immense Stückzahlen: Das geht auch im Feeder-Verfahren. Veränderte Randbedingungen sorgen allerdings dafür, dass die Kalkulation sich anders darstellt. Was für kleine und immer wieder wechselnde Chargen eine wirtschaftlich gute Lösung ist, ist für einen grossen Durchsatz, der über lange Zeit gehalten werden soll, nicht ideal. Schnell war also eine technische Alternative in der Diskussion. Wenn die Farbe nicht wechseln sollte, warum dann nicht gleich die gesamte Fertigung für einen gewissen Zeitraum auf einen Farbton auslegen?

Für die Blauglas-Kampagne wurde eine Weissglaswanne vollständig auf die Produktion von blauem Glas umgestellt. Die Wanne war erst ein Jahr zuvor überholt und die Glasmaschinen auf das Enghals-Press-Blasverfahren für die Herstellung von Flaschen umgerüstet worden. Gute Voraussetzungen also, und doch ist so eine Umstellung technisch nicht banal und nur mit einer detaillierten Zeitplanung umsetzbar.

Gebündeltes Know-how und Engagement

Niemand weiss das besser als Robert Bestro, der das Projekt koordiniert und die Projektleitung entscheidend unterstützt hat. Eigentlich Verkaufsleiter für Weithalsgläser und Flaschen in Nemšová, liefen bei ihm die Fäden zusammen. Bestro kennt die gesamte Kette von Technologie und Herstellungsverfahren bis zu Qualitätssicherung, Verpackung und Logistik.

«Bei dem engen Zeitplan bin ich mehr als einmal ins Schwitzen geraten», sagt Bestro, der im ganzen Werk bald nur noch als «the Blue Man» bekannt war. «Aber zum Glück haben alle Beteiligten ausgesprochen engagiert mitgearbeitet und sehr viele Ideen beigetragen. Für so ein Projekt braucht es einfach viele Köpfe und viele Hände, und die haben wir hier in Nemšová.»

Tatsächlich waren alle Abteilungen des slowakischen Werks an der Vorbereitung beteiligt, während parallel die normale Arbeit weiterlief. Es gibt entscheidende Unterschiede in den Produktionsverfahren, wenn die Färbung der Glasmasse in der Schmelzwanne statt im Feeder erfolgt, so dass vieles durchdacht werden musste. Eine exakte Prozessführung ist ausschlaggebend für die Qualität, und für genau diese Überwachung und Steuerung der Vorgänge in der Schmelze gab es für die Farbe Blau noch keine Erfahrungswerte. Schon die chemische Zusammensetzung der Glasmasse und der farbgebenden Zusatzstoffe ist eine andere als bei der Färbung im Feeder. Abweichungen im Feeder sind leichter zu überwachen und bedeuten kleine Verluste an Zeit und Material, Abweichungen in der grossen Schmelzwanne sind weit schwieriger in den Griff zu bekommen. Es hängt also viel davon ab, technisch mit sehr engen Toleranzen zu arbeiten.

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Gruppenübergreifendes Projekt

Wie gut das Projekt letztlich vorbereitet war, zeigte sich in der hervorragenden Qualität, die das slowakische Werk praktisch aus dem Stand und dann über die geplanten 75 Tage Dauerbetrieb liefern konnte. Die Qualitätssicherung wurde sehr engmaschig und mit einem täglichen Austausch der Mitarbeitenden in der Produktion und der Technik organisiert, so dass kleinere Probleme ohne Zeitverzögerung gelöst wurden.

Im Projektverlauf zeigten sich dann auch die Vorteile der Umstellung auf das neue Verfahren. Zum Beispiel konnten die sonst alle drei bis vier Tage fälligen Jobwechsel entfallen. Bei einem Jobwechsel werden unter anderem die Formen der Glasmaschinen gewechselt, die Qualitätskontrollen auf den neuen Produktionslauf angepasst und die Abläufe bei der Palettierung und Zwischenlagerung umgestellt. Grosse Serien und Stückzahlen bedeuten also unter dem Strich signifikante Einsparungen an Aufwand und Arbeitszeit.

Dass das slowakische Werk von Vetropack sich ganz auf die Farbe Blau konzentrieren konnte, legt aber auch einen anderen Synergieeffekt offen: Die Zusammenarbeit in der Vetropack-Gruppe funktioniert reibungslos. Das kroatische Schwesterwerk kann nach wie vor im Feeder-Verfahren Aufträge für blaue Flaschen und Gläser übernehmen, wenn es erforderlich ist. Auf der anderen Seite konnte Nemšová während der Blauglas-Kampagne keine Weithalsgläser und Glasflaschen in Weiss produzieren, die Produktion wurde verlagert.

Das Fazit von Robert Bestro ist positiv: «Es war eine fruchtbare Zusammenarbeit aller Mitarbeitenden, die mit Freude und Elan dabei waren. Jeder dachte mit, wie man die Dinge besser, einfacher und effizienter machen kann.» Die «75 Tage blau» sind für Vetropack eine Erfolgsgeschichte. Nicht nur für Nemšová, sondern für die gesamte Gruppe.

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