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Vetropack Integrierter Geschäftsbericht 2023 – Jahresrückblick
JahresrückblickLagebericht
«Wir werden unseren strategischen Fokus halten»
Das Geschäftsjahr 2023 war mit einer erfolgreichen ersten Jahreshälfte gestartet, wurde in der zweiten Hälfte aber von einem deutlichen Marktrückgang geprägt. Auch das neue Jahr 2024 steht im Zeichen einer angespannten Situation in den Vetropack-Kernmärkten. Wir sprachen mit CEO Johann Reiter, worauf es nun ankommen wird und welche Prioritäten er für die Gruppe setzt.
Herr Reiter, das Jahr 2023 ist abgeschlossen und die Geschäftszahlen liegen vor. Vetropack hat sich in einem schwierigen Umfeld gut geschlagen, aber kaum Wachstum erzielt. Wie schätzen Sie die Ergebnisse ein?
2023 ist ein Geschäftsjahr, auf das ich mit sehr gemischten Gefühlen zurückschaue. Insgesamt war es – wie auch schon die beiden Vorjahre – stark von externen Krisen geprägt, die wir als Unternehmen nicht beeinflussen können, die aber direkte Auswirkungen auf unser Geschäft haben. Das war zuallererst der Krieg in der Ukraine, die nachwirkende Energiekrise, aber auch die angespannte weltwirtschaftliche Lage mit einer hohen Inflation insbesondere in unseren europäischen Kernmärkten. Die daraus resultierende Konsumzurückhaltung haben wir vor allem im zweiten Halbjahr stark zu spüren bekommen. In einigen Werken mussten wir deshalb massiv Kapazitäten rausnehmen.
Umgekehrt gab es 2023 aber auch eine Reihe sehr positiver Ereignisse, an die ich gerne zurückdenken werde. Namentlich will ich hier die Eröffnung unseres neuen Werkes in Italien und die Wiederaufnahme der Produktion an unserem ukrainischen Standort in Gostomel nennen. Beides war für unsere Gruppe richtungsweisend. Und wir dürfen nicht vergessen: Auch wenn 2023 ein schwieriges Jahr war, haben wir es mit einem stabilen Ergebnis auf Vorjahresniveau abgeschlossen. Das spricht für die Energie und Leistungsfähigkeit unserer Gruppe und sollte uns den Rücken für das neue Geschäftsjahr stärken.
Welches nach aktuellen Daten allerdings kaum weniger schwierig werden dürfte ...
Das stimmt. Tatsächlich rechnen wir damit, dass die schwierige Lage in unseren Märkten auch 2024 anhält. Wir sehen zwar, dass die Inflation leicht sinkt, was aber mit Sicherheit nicht grundlegend das Konsumverhalten ändern wird. Genau dieser Konsumverzicht bleibt indes ein entscheidender Faktor für uns sowie für die gesamte Verpackungsindustrie.
Für uns bedeutet diese anhaltende Entwicklung: Wir müssen handeln, und zwar ganz unmittelbar. Dem stark rückläufigen Konsum können wir nur begegnen, indem wir unsere Kapazitäten entsprechend anpassen. Mit temporären Abschaltungen und Stilllegungen allein werden wir in der Vetropack-Gruppe einem solchen Markteinbruch nicht beikommen. Wir müssen Produktionen zumindest zeitweise herunterfahren oder auch ganz schliessen.
Für den Schweizer Standort St-Prex hat die Gruppe bereits ein Konsultationsverfahren eröffnet, an dessen Ende auch die Schliessung des Werks stehen könnte. Wie ist das einzuordnen?
Glauben Sie mir: Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Das Werk in St-Prex kämpft schon seit Jahren mit Schwierigkeiten im Hinblick auf Standort und Rentabilität – und wir sehen einfach keine Möglichkeit, wie wir das Werk wettbewerbsfähig weiter betreiben sollen. Das ist sehr hart, denn St-Prex ist unsere einzige Glasproduktion in der Schweiz und wir sind uns der Bedeutung, die eine Schliessung insbesondere für unsere Mitarbeitenden am Standort haben würde, sehr bewusst. Schliesslich hat hier unsere Geschichte begonnen.
Andererseits können wir auch nicht die Augen vor der schwierigen Lage verschliessen, in der sich das Werk schon seit längerem befindet. Wir sind eine internationale Unternehmensgruppe und müssen sachlich zwischen Standorten abwägen. Wir evaluieren und stellen alle unsere Werke immer wieder auf den Prüfstand, um fundierte Entscheidungen etwa über Investitionen treffen zu können.
Nun erleben wir eine seit Monaten anhaltende Situation, in der wir aufgrund massiver Nachfragerückgänge Kosten sparen, Investitionen stoppen und Kapazitäten herunterfahren müssen. Da können wir uns bei keinem unserer Standorte eine Ausnahme erlauben, in welchem Land auch immer er liegt. Wir haben für St-Prex umfassende Analysen durchgeführt, um zu prüfen, ob der Weiterbetrieb des Werks möglich und wirtschaftlich vertretbar ist. Diese haben ergeben, dass die Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten für den Standort negativ sind. Diese Situation war letztlich der Grund für die Eröffnung des Konsultationsverfahrens.
Wird das Werk in St-Prex also geschlossen?
Das ist noch nicht entschieden. Das Konsultationsverfahren läuft und wir warten jetzt seine Ergebnisse ab. Die Mitarbeitenden und ihre Vertreter haben nun erst einmal die Möglichkeit, zur Situation Stellung zu nehmen und gegebenenfalls Alternativvorschläge zu unterbreiten. Der Verwaltungsrat wird diese dann genau analysieren und eine endgültige Entscheidung treffen. Diese Entscheidung gilt es nun erst einmal abzuwarten – und sich ansonsten auf unser laufendes Geschäft zu konzentrieren. Dieses Jahr wird, wie gesagt, sicher kein einfaches Jahr für uns werden.
Worauf wird es 2024 aus Ihrer Sicht besonders ankommen?
Derzeit gehen wir davon aus, dass wir als Unternehmensgruppe 2024 zwar ein stabiles Ergebnis erzielen können, aber kein signifikantes Wachstum. Dieses Bild kann sich selbstverständlich im Laufe des Jahres noch ändern. Aber solange die Konsumentenstimmung bleibt, wie sie ist, wird sich an der derzeitigen Wirtschaftssituation wenig ändern.
Wir werden die Entwicklung der Märkte weiter sehr eng beobachten müssen, um gegebenenfalls schnell auf Veränderungen zu reagieren. Beides tun wir bereits mit den bereits genannten Kosteneinsparungen und vom Markt genommenen Kapazitäten. Weitere umgehende Anpassungen an die veränderliche Marktsituation sind denkbar – und jedem in unserem Team ist klar, dass wir diesen Kurs beibehalten müssen.
Das bringt mich zu einem anderen Punkt: Unter dem Druck aktueller und oft kurzfristiger Entwicklungen dürfen wir unsere langfristigen Ziele zu keinem Zeitpunkt aus dem Auge verlieren. Wir haben uns mit unserer Strategie 2030 einen ehrgeizigen Rahmen gesetzt, der Vetropack langfristig erfolgreich und zukunftsfähig machen wird. Dieser Rahmen bleibt auch unter den gegebenen Bedingungen essenziell für uns.
An der strategischen Ausrichtung der Gruppe wird sich also 2024 nichts ändern?
Dafür gibt es tatsächlich keinen Grund. Die Prioritäten, die wir uns in unserer Strategie gesetzt haben, sind nach wie vor richtig und darauf ausgerichtet, Vetropack als starken Marktplayer zu positionieren und unsere Industrie massgeblich mitzugestalten.
Gerade die beiden zurückliegenden Jahre haben das noch einmal deutlich gezeigt: Wir sind auch deshalb so gut und erfolgreich durch sie gekommen, weil wir die richtigen Prioritäten gesetzt und in allen fünf strategischen Bereichen wesentliche Fortschritte erzielt haben. Gerade in Schlüsselbereichen wie Nachhaltigkeit und Innovation haben wir 2022 und 2023 grosse Schritte voran gemacht. Das wird uns 2024 und vor allem die Jahre danach helfen und unsere Marktposition weiter stärken.
Können Sie das mit einem Beispiel konkretisieren?
Nun, vor anderthalb Jahren haben wir mit unserer Echovai-Lösung eine der wichtigsten, wenn nicht die wichtigste Innovation unserer Branche seit mindestens einem Jahrzehnt auf den Markt gebracht. Sie hat das Potenzial, nicht nur den Markt für Mehrweg-Glasflaschen zu revolutionieren, sondern mittelfristig auch die Umstellung von Einweg- auf Mehrweg-Gebinde zu forcieren. Das besondere Herstellungsverfahren haben wir bei Vetropack selbst in unserem eigenen Innovationszentrum in Pöchlarn entwickelt und zur Marktreife gebracht.
Innovation und Nachhaltigkeit gehen bei Echovai miteinander einher – und bedeuten für uns zugleich echte Marktchancen. Wir sehen schon jetzt ein enormes Interesse an Echovai. In den kommenden Jahren könnte es einer unserer Wachstumstreiber werden – sowohl durch den Verkauf der Gebinde als auch durch die Lizenzierung der Technologie an andere Glashersteller. Wir werden 2024 und 2025 deshalb weitere Standorte in die Lage versetzen, Echovai-Flaschen zu produzieren, um den Marktanteil dieser Lösung sukzessive zu vergrössern.
Der neue Standort in Boffalora sopra Ticino wurde im Oktober offiziell eröffnet. Wie passt das in diesen Kontext?
Unser neues Werk in Italien setzt sowohl im Hinblick auf Nachhaltigkeit als auch Innovation neue Standards. Wir dürfen nicht übersehen, dass Innovation bei uns nicht ausschliesslich unsere Produkte umfasst, sondern gerade auch die Produktionsprozesse. Hier können wir etwa durch Digitalisierung und smarte Technologien künftig Abläufe verschlanken und beschleunigen. Zugleich sparen wir wertvolle Ressourcen ein und schonen dadurch die Umwelt. In Boffalora verwenden wir beispielsweise die Abwärme der Wannen gezielt wieder und reduzieren Emissionen mithilfe moderner Filtersysteme drastisch.
Jetzt gilt es vor allem, diese enormen technologischen Möglichkeiten voll zu entfalten und als Wettbewerbsvorteil für unsere Gruppe zu nutzen. Wir werden als Gruppe insgesamt sehr von den Erfahrungen in Boffalora profitieren – zumal wir auch unsere übrigen Produktionen bis 2030 sukzessive modernisieren werden. Einher mit diesen Modernisierungen geht der Ausbau des Anteils von erneuerbarem Strom gegenüber Gas als Energielieferant. Letztlich wird dies zu einer verbesserten Nachhaltigkeit unserer Glasverpackungen beitragen.
Wobei Glasgebinde ja an sich schon eine sehr nachhaltige Verpackungslösung sind …
Das stimmt in der Tat und macht uns auch für die Zukunft sehr optimistisch. Konsumenten schätzen Glas als nachhaltige und gesunde Verpackung enorm. Für sie ist Glas ein Synonym für Recycling und Mehrweg. Glas macht ausserdem Lebensmittel und Getränke haltbar, reduziert damit Food Waste und schont so wiederum die Umwelt. Wir haben also gute Argumente auf unserer Seite, warum es sinnvoll und richtig wäre, den Anteil an Glas im Bereich der Verpackungen deutlich zu steigern. Hier ist allerdings auch die Politik gefragt. Wir könnten etwa einen Grossteil an Einwegflaschen schnell und unproblematisch durch Mehrwegflaschen ersetzen. Dafür benötigen die Märkte entsprechend funktionierende Mehrwegsysteme – und hier sehen wir in vielen Ländern noch grossen Nachholbedarf.
Lassen Sie uns abschliessend noch einmal auf das aktuelle Geschäftsjahr schauen. Gibt es Dinge, die Sie trotz der schwierigen Marktsituation optimistisch stimmen?
Ja, die gibt es natürlich. Unsere Innovationskraft, unsere Marktpotenziale, von Echovai haben wir ja bereits umfänglich gesprochen. Optimistisch stimmt mich überdies vor allem die Tatsache, dass wir als Gruppe personell und von unseren Standorten her international bestens aufgestellt sind. Wir haben sehr gute Mitarbeitende an Bord und profitieren standortübergreifend stark von den Erfahrungen und der Expertise unserer gesamten Belegschaft. Ein Grossprojekt wie der Neubau in Boffalora sopra Ticino ist überhaupt nur mit Unterstützung der gesamten Vetropack-Gruppe möglich gewesen.
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